Ausstellung

„Alles Zucker! Nahrung – Werkstoff – Energie“


Die Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält, wurde schon vielfach gestellt und ebenso oft unterschiedlich beantwortet. Das Deutsche Technikmuseum gibt mit seiner neuen Dauerausstellung „Alles Zucker! Nahrung – Werkstoff – Energie“ auf 800 Quadratmetern eine überraschende Antwort: Unsere Welt besteht aus Zucker!

Zucker ist weit mehr als das bekannte Süßungsmittel, das aus Rübe oder Rohr gewonnen wird. Neben Haushaltszucker, Fruchtzucker, Traubenzucker und Milchzucker gibt es noch unzählige andere. Zucker sind die häufigsten Biomoleküle auf dieser Welt, ohne die es kein Leben gäbe. In der belebten Natur spielen Zucker eine zentrale Rolle. Zucker sind gespeicherte Sonnenenergie. Alle Pflanzen bestehen aus dem polymeren Zucker Zellulose und speichern Energie hauptsächlich in Form von Stärke. Insekten und Krebstiere verdanken die Formstabilität ihrer Außenskelette dem Zuckermolekül Chitin. Zucker sind die Grundlage vieler spezieller Funktionen auch im menschlichen Körper. Seit jeher dienen Zucker dem Menschen als Nahrung und er nutzt sie als Werkstoff und zur Energiegewinnung. Der Informationsgehalt von Zuckerverbindungen eröffnet neue Wege in der Medizin. Neben den klassischen Aspekten des ehemaligen Zucker-Museums (1904 bis 2012 in Berlin-Wedding), das sich der Produktion, Verwendung und Sozialgeschichte von Rohr- und Rübenzucker widmete, wird das Thema Zucker in der jetzt eröffneten Ausstellung aus vielen neuen Blickwinkeln beleuchtet.

Entdeckungsreise in die vielfältige Welt der Zucker

Eine 1,80 Meter große japanische Riesenkrabbe, Baumscheiben, Riesenpilze und nahezu 80 verschiedene Zucker eröffnen die Entdeckungsreise in die vielfältige Welt der Zucker. Zellulose, der Hauptbestandteil des Holzes, ist aus vielen einzelnen Zuckermolekülen aufgebaut – der größte Teil der Biomasse besteht somit aus Zuckern. Selbst die Panzer von Insekten, Spinnen oder Krebstieren bestehen aus polymeren Zuckern. Mit diesem Außenskelett produzieren zum Beispiel Grillen, Fauchschaben oder Vogelspinnen auf unterschiedliche Weise Geräusche. Die Medienstation „Chor der Krabbeltiere“ macht Zucker sozusagen hörbar.

Das klassische Zuckerthema: 
Vom Luxusgut zum Alltagsprodukt

Der damals exotische Ursprung des zunächst ausschließlich aus Zuckerrohr hergestellten Luxusguts und die damit verbundene Sklavenwirtschaft werden ebenso thematisiert wie die Einführung des Rübenzuckers in Europa. Die Veränderung der Feldarbeit – von körperlich anstrengender Handarbeit zur industrialisierten Landwirtschaft – veranschaulichen die verwendeten Geräte und Maschinen. Arbeitswerkzeuge wie Rodespaten oder Rübensichel stehen einem Teil eines modernen Vollernters zum Köpfen und Roden der Rüben gegenüber. Die Weiterverarbeitung des Rohstoffs Zuckerrübe zum kristallisierten Haushaltszucker in der Zuckerfabrik kann anhand von Proben der verschiedenen Verarbeitungsstufen nachvollzogen werden.

Neue Blickwinkel: 
Werkstoffe, Energie und Information

Von lang bekannten Werkstoffen wie Holz und Textilien spannt sich der Bogen bis hin zu modernen „Biokunststoffen“, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern auch aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Ein 3D-Drucker veranschaulicht die werkstofflichen Möglichkeiten solcher Materialien. Zucker können auch im Bereich Energie das Erdöl ersetzen. Was Bioenergieträger wie Holzpellets, Biogas, Ethanol und sogar Biodiesel mit Zuckern zu tun haben, wird auch für Laien nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Der wichtigste Treibstoff im menschlichen Körper ist der Blutzucker, also im Blut gelöster Traubenzucker. In der Regel decken wir diesen Zuckerbedarf mit Kohlenhydraten, unser Körper kann ihn aber auch aus anderen Nährstoffen herstellen. Wie Traubenzucker aus der Nahrung gewonnen und der Zuckerhaushalt des Körpers reguliert wird und wie Zutatenlisten und Nährwerttabellen zu entschlüsseln sind, verrät eine mannshohe Monitorinstallation mit 13 röntgenbildartigen Animationen. An jeder unserer Körperzellen hängen viele Zuckerketten. Dieser „Zuckerpelz“ enthält Informationen, die auch Krankheitserreger lesen können. Ein wichtiger Schritt zur Erforschung und Nutzung des Zucker-Codes ist die künstliche Herstellung komplexer Zuckerketten als Grundlage neuer Medikamente. Der Original-Prototyp eines inzwischen serienreifen Gerätes steht beispielhaft für Aktualität und den Blick in die nahe Zukunft.

Zeitreise für die Ohren

An 17 Hörstationen erläutern historische Persönlichkeiten und lebende Zeitgenossen ihren Bezug zum Zucker. Hier äußern sich der Entdecker des Zuckers in der Rübe, Andreas Sigismund Marggraf (1709 – 1782), und Franz Carl Achard (1753 - 1821), der „Vater der Zuckerrübe“, neben einer Teilnehmerin eines „Damenkurses“ für Fabrik-Chemikerinnen (1917). Der Besitzer einer Zuckerrohrplantage zu Beginn des 17. Jahrhunderts kommt ebenso zu Wort wie der Führer des Sklavenaufstandes von Haiti (1791). Aber auch moderne Werkstoffwissenschaftler vom Max-Planck-Institut oder der technische Leiter der BSR Biogasanlage nehmen Stellung.

Tradition und Zukunft in drei Kabinetten

Die wertvolle Tafelsilber-Sammlung des Zucker-Museums sowie vielfältige Präparate aus der historischen Lehrsammlung des Instituts für die Zuckerindustrie werden hier ansprechend präsentiert. Ein drittes Kabinett stellt ungewöhnliche Bioreaktoren vor, in denen Mikroorganismen aus Zucker Biotreibstoffe produzieren.

Weddinger Wurzeln

Das Zucker-Museum wurde am 8. Mai 1904 im gerade neu errichteten Gebäude des Instituts für Zuckerindustrie in der Amrumer Straße 32 eröffnet. Es diente vor allem als Lehr- und Studiensammlung, hatte aber von Anfang an auch das Ziel, historisch bedeutsame Objekte der Zuckerindustrie zu sammeln und auszustellen. Ende 2012 wurde das Zucker-Museum am historischen Standort in Berlin-Wedding geschlossen. Seine Traditionslinie wird in der modernisierten und um viele Themenbereiche erweiterten Ausstellung „Alles Zucker! Nahrung – Werkstoff – Energie“ des Deutschen Technikmuseums fortgeführt.

 

(Pressemitteilung Stiftung Deutsches Technikmuseum)